Club der Besten

Wie jetzt, echt? 4-Tage-Woche!

DIAMANTEN ENTSTEHEN UNTER DRUCK. WIE UNTERNEHMER ANDREAS NUISSL DIE KRISE ALS CHANCE NUTZT 

 „Herausforderungen sind dazu da, gemeistert zu werden“, ist die Devise von Friseurunternehmer A. Nuissl. Seine Antwort auf die Krise: die 4-Tage Woche für seine Mitarbeiter*innen. Wer jetzt an Kurzarbeit denkt, irrt. Denn das Ganze erfolgt bei vollem Lohnausgleich!

 Ein Gespräch mit dem Bayreuther Friseurunternehmer Andreas Nuissl von Cutting Crew und Hair-Force One darüber, warum Krisenzeiten auch unternehmerische Chancen bieten. Herr Nuissl, wie für alle Unternehmer ist dies eine herausfordernde Zeit. Bei Ihnen hat sich in letzter Zeit viel getan – allerdings im positiven Sinne! Ja, das stimmt. Corona hat uns vor neue Aufgaben gestellt und die Lockdowns zwangen dazu, uns noch intensiver um unsere Kunden*innen, Mitarbeiter*innen und Betriebe zu kümmern. Das hatte vor allem den Effekt, dass wir als Team noch mehr zusammengewachsen sind und so diese Zeit gut gemeistert haben.

Derzeit sehen wir in der Wirtschaft jede Menge – eher unfreiwillige – Veränderungen. Welchen Wandel beobachten Sie in der Friseur-branche? Es hat sich eine ganze Menge verändert. Die Lockdowns, hohe Hygieneauflagen, weniger Kunden*innen-Buchungen aufgrund Abstandsregelungen, Terminstornierungen durch Quarantänemaßnahmen usw. hatten erhebliche betriebswirtschaftliche Schäden verursacht. Ungeachtet dessen erhöhten unsere Zulieferer trotzdem ihre Preise. Nun kommen auch noch enorm hohe Kosten im Energiebereich auf uns zu. Es sind herausfordernde Zeiten, die gemeistert werden wollen. 

Was bedeutet das für Sie, Ihre Mitarbeiter*innen und Ihre Kunden*innen? Dadurch, dass wir als gesamtes Team positiv durch diese Zeit gekommen sind, haben wir, als Wertschätzung unserer Mitarbeiter*innen, seit Februar eine Anhebung der Entlohnung vornehmen können. Natürlich war zeitgleich eine moderate Preisanpassung unserer Dienstleistungen unumgänglich. Diese floss aber direkt in die Lohnsteigerungen ein und sichert unseren Kunden*innen weiterhin hochmotivierte und zufriedene Friseur*innen.

Chapeau! Sie investieren eine Menge in Ihr Team! Wie wichtig sind Ihnen motivierte Mitarbeiter*innen? Enorm wichtig. Wir bieten unseren Mitarbeiter*innen schon seit Firmengründung immer wieder die Möglichkeit sich durch Seminare, Messen und Schulungen weiterzubilden und noch mehr zu qualifizieren. Unsere Auszubildenden besuchen Fortbildungen der haarkosmetischen Industrie und werden überdurchschnittlich gefördert. Nun wollen wir noch einen Schritt weitergehen und noch mehr Motivation schaffen, warum gerade ein Arbeitsplatz in unseren Unternehmen erstrebenswert ist. Wir sehen die Gesundheit und Zufriedenheit im Einklang mit dem was man leistet, als höchstes Gut. „Mens sana in corpore sano. – In einem gesunden Körper wohnt doch ein gesunder Geist“ – Juvenal. Hat dieser gesunde Geist etwas damit zu tun, dass es ab September eine Veränderung geben soll? Ja, das stimmt. Wir werden die 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich einführen. Durch dieses verbesserte Zeitmanagement bieten wir unseren Kunden*innen geballte Power unseres kompletten Teams. Und drei Tage Erholung dienen dazu, dass unser Team das Wochenende mit der Familie in vollen Zügen genießen kann, um so ausgeruht, hochmotiviert und kreativ arbeiten zu können. Wie verteilen sich die Stunden auf die Arbeitswoche? Die 4-Tage-Woche ist bei uns eine Option für meine Mitarbeiter*innen. Falls eine Mama in den Job zurückkehren will, kann sie jedoch in Teilzeit auch weniger arbeiten. Eine Vollzeitstelle verteilt sich stundenmäßig bei uns ab Spätsommer auf maximal 4 Tage. Der große Vorteil für Angestellte ist: Nehmen Mitarbeiter*innen beispielsweise nur vier Tage frei, können sie im Endeffekt zehn Tage Urlaub machen. 

Also von Samstag bis nächste Woche Montag – perfekt. Generell ist es aber auch wahnsinnig angenehm, einfach mal den freien Samstag auszuschlafen, lange Kaffee zu trinken, Zeitung zu lesen und den Ruhepol zu finden. Ich bin auch fest überzeugt: Mehr Freizeit verbindet die Menschen mit ihren Familien, mit der Umwelt und gibt Freiraum auch mal Sport zu treiben. Gerade unsere jüngeren Mitarbeiter*innen und Auszubildenden fanden die Möglichkeit auch am Freitag mal feiern zu können sehr verlockend, denn bisher war das nur bedingt möglich, wenn sie am Samstag um 8:00 Uhr topfit auf der Matte stehen mussten. 

Sie sind jetzt 32 Jahre selbständig. Warum setzen Sie diese Veränderungen gerade jetzt um?

Wie schon erwähnt, hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Die Zahl der Auszubildenden ist zurückgegangen. Diese Lage wird sich noch verschärfen. Da ist es als Unternehmer wichtig, attraktive Arbeitszeitmodelle anzubieten. Zudem hat das neue Freizeitverhalten mit kurzfristigen Terminabsagen, besonders am Wochenende, zu dieser Entscheidung beigetragen. Außerdem hat es gerade jetzt mit viel Nachhaltigkeit zu tun. Die höheren Energiepreise sind noch nicht in voller Höhe absehbar. Wenn man von Freitagabend bis Montagabend die Heizung/Klimaanlagen herunterfährt, schont man nicht nur die Umwelt, sondern spart auch noch Energiekosten ein.

Wo sehen Sie sich mit Ihren Friseursalons in der Zukunft?

Wenn ich das könnte, wäre ich Hellseher. Aber mit unserer gemeinsam getroffenen Entscheidung sehe ich ein großes Potential, neue Mitarbeiter*innen und Auszubildende zu gewinnen, da wir mit der 4-Tage-Woche deutlich die Work-Life-Balance verbessern. Ist diese Entscheidung jetzt in Stein gemeißelt?

Nichts ist in Stein gemeißelt und Projekte wie dieses passen sich natürlich verändernden Gegebenheiten an. Deshalb ist man auch Unternehmer und nicht Unterlasser. Was gestern Bestand hatte und erfolgreich war, kann bald schon überholt sein. Wir wollen mit dem 4-Tage-Projekt etwas wagen und uns weiterentwickeln und somit Menschen für diesen wundervollen Beruf begeistern.Ein schönes Schlusswort. Danke für das Gespräch!

Ich danke Ihnen. Ich schaue mit Freude und Zuversicht in die Zukunft unserer Branche, dem ehrbaren Handwerk.

Gesamte Anzeige hier als PDF runterladen: www.cutting-crew.net/wp-content/uploads/2022/09/220715_cc_Sonntagszeitung_kl.pdf

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